„Gemeinsam Neues wagen“

Evangelische Dekanatssynode wählt Dekan Olliver Zobel für weitere sechs Jahre
„Dekan Olliver Zobel, die Zweite (Amtszeit)“: Stilvoll mit zwei Filmklappen posierten der Dekanatssynodalvorstand, die Pröpstin für Rheinhessen und Nassauer Land, Pfarrerin Henriette Crüwell (3.v.r.), die Landrätin und Synodale Dorothea Schäfer (2.v.l.) mit dem wiedergewählten Dekan Olliver Zobel (5.v.r.) vor der Kamera. (Foto: Hilke Wiegers)

„Ich habe Lust, mit Ihnen und Euch in den kommenden sechs Jahren weiter zu überlegen, wie eine bunte und vielfältige Kirche aussehen kann, was wir lassen können, ohne diese Vielfalt zu verlieren, und vor allen Dingen, wo wir neue Möglichkeiten finden, Neues wagen können und unseren Platz im gesellschaftlichen Diskurs festigen.“ Mit diesen Worten erklärte Dekan Olliver Zobel am Freitag, den 16. Februar 2024, vor der II. Synode des Evangelischen Dekanats Ingelheim-Oppenheim in Ingelheim seine Bereitschaft, ein zweites Mal für das kirchliche Leitungsamt des Dekans zu kandidieren.

Mit Wahl auf Zukunft gut vorbereitet

Die Zustimmung der über 60 Vertreterinnen und Vertreter aus den 41 Kirchengemeinden des Dekanats war groß. Und so wurde Pfarrer Olliver Zobel auf der 7. Tagung der II. Synode des Dekanats mit großer Mehrheit für eine weitere sechsjährige Amtszeit wiedergewählt. Einer Amtszeit, die angesichts der zahlreichen Herausforderungen, denen sich die Evangelische Kirche auch in der Region derzeit gegenübersieht, sicherlich nicht leicht werden wird. Doch Synodale wie auch die Pröpstin für Rheinhessen und das Nassauer Land, Pfarrerin Henriette Crüwell, wissen, dass sie mit der Wahl Zobels auf die Zukunft gut vorbereitet sind.

Durch stürmische Zeiten gesteuert

„Der macht das schon gut“, zitierte Pröpstin Crüwell, die für den Wahlvorgang Zobels der Synode vorübergehend vorstand, zwei Synoden-Besucherinnen. Als Mitglied der Kirchenleitung ergänzte sie außerdem, dass sie von vielen Seiten Lob für die bisherige zielorientierte Leitung des Dekanats durch Pfarrer Zobel gehört habe. Immerhin stand der nun neu gewählte Dekan bereits der 2019 vollzogenen Fusion der beiden Dekanate Ingelheim und Oppenheim vor, und musste – natürlich unterstützt von Synode, dem Dekanatssynodalvorstand, den Haupt- wie Ehrenamtlichen – das regionale Kirchenschiff durch die stürmischen Zeiten von Corona und der ersten Phase des Kirchenreformprozesses ekhn2030 steuern.

Schwerpunkt „Nachhaltigkeit“

Nach diesem ersten großen Tagesordnungspunkt mit der Wiederwahl wandte sich die Synode dem Thema „Nachhaltigkeit“ zu. Die Referentin für Klimaschutz im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN, Kathrin Saudhof, hielt dazu einen Impulsvortrag und forderte zum Austausch darüber auf, wie in den neu gebildeten Nachbarschaftsräumen des Dekanats das Thema praktisch umgesetzt werden könne. Anschließend wurde Pfarrer Johannes Hoffmann zum Mitglied in den Beirat der Regionalen Diakonie Rheinhessen gewählt.

Die Referentin für Klimaschutz im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN, Kathrin Saudhof (ganz links), bei der Auswertung des Feedbacks der Synodalen zu ihrem Impulsvortrag zum Thema „Nachhaltigkeit“. Das Thema liegt Dekan Zobel (ganz rechts) besonders am Herzen, u. a. weil er an der Erarbeitung eines EKHN-Klimaschutzgesetzes, das 2024 verabschiedet werden soll, mitgearbeitet hat. (Foto: Hilke Wiegers)

Personalien und Jugendaustausch

Unter „Aktuelles aus dem Dekanat“ begrüßte Dekan Zobel die neue Dekanatsjugendreferentin Britta Nicolay und die neue Dekanatssekretärin Silke Zahn (ab 1.3.24 ). Außerdem gab er noch einen Überblick über den weiteren Verlauf des Nachbarschaftsprozesses im Dekanat. Zum Abschluss der Synode berichtete der Profilstelleninhaber für Mission und Ökumene, Pfarrer Hartmut Lotz, zusammen mit Jugendlichen aus den Dekanaten Ingelheim-Oppenheim und Alzey-Wöllstein von einem Jugendaustausch der ökumenischen Partnerschaft zwischen der EKHN und der Evangelische Kirche in Minahasa (GMIM).

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Ein Dekanat – fünf Nachbarschaftsräume

Synode beschloss übergemeindliche Struktur der Zukunft

Am Ende des Abends war das Ergebnis eindeutig: Mit großer Mehrheit beschlossen die Synodalen des Evangelischen Dekanats Ingelheim-Oppenheim bei ihrer jüngsten Tagung im Gemeindehaus der Binger Johanneskirche die Bildung von fünf Nachbarschaftsräumen, in denen die 41 Gemeinden des Dekanats zukünftig enger zusammenarbeiten werden.

Wichtige Rahmenbedingungen für die Entscheidung

Damit folgten die Synodalen im November 2023 einem Entwurf des Dekanatssynodalvorstandes, der diese neue übergemeindliche Struktur ausgearbeitet hatte. Wesentliche Aspekte für die festen Gemeindekooperationen sind: eine ausreichende Größe, Handlungsfähigkeit und ein guter Bezug zum Sozialraum. Die Einführung dieser Nachbarschaftsräume gehört zu den zentralen Elementen des kirchlichen Zukunftsprozesses ekhn2030, mit dem die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau zukünftig – trotz zurückgehender Mittel – Präsenz zeigen und gut weiterarbeiten möchte.

Weiterentwicklung der Nachbarschaften im kommenden Jahr

„Lasst uns diese Nachbarschaften im neuen Jahr gemeinsam weiterentwickeln und gestalten“, ermutigte Dekan Olliver Zobel die Synodalen nach der Abstimmung. Ab 2024 stehen für die neu gebildeten Kooperationsräume weitere Schritte für eine intensivere Zusammenarbeit an: z. B. Entscheidungen zur Nutzung der gemeindlichen Gebäude. Außerdem sollen Pfarrer/innen, Gemeindepädagog/innen und Kirchenmusiker/innen innerhalb der Gemeindekooperationen als multiprofessionelle Teams gemeinsam das Evangelium kommunizieren. Dieser Prozess des Zusammenwachsens wird nicht von heute auf morgen gelingen, sondern er wird sich bis 2030 entwickeln.

Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Blick

Ein zweites wichtiges Thema der Synode war das Thema „Nachhaltigkeit“. Dekan Olliver Zobel berichtete davon, dass sich die Dekanatsverwaltung hier bereits auf den Weg gemacht hat. Denn sie unterzieht sich derzeit einer freiwilligen Umweltzertifizierung, an deren Ende das kirchliche Zertifikat des „Grünen Hahns“ stehen soll. Außerdem warb das DSV-Mitglied Cornelia Büttner dafür, den Ausschuss Gesellschaftliche Verantwortung des Dekanats wiederzubeleben. Und schließlich möchte sich das Dekanat bei der EKHN darum bewerben, eine Klimaschutzmanagerin bzw. einen Klimaschutzmanager zur Verfügung gestellt zu bekommen. Kein Wunder, dass sich die für Februar 2024 geplante nächste Dekanatssynode vermutlich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen wird.

Link-Tipp: Mehr Informationen zu „ekhn2030“ und die Karte der Nachbarschaften finden Sie auf der Website des Evangelischen Dekanats Ingelheim-Oppenheim unter www.evangelisches-dekanat-ingelheim-oppenheim.de.

Dekanat Ingelheim-Oppenheim verzeichnet hohen Anstieg der Taufen

Dekanatssynode tagte zu Verkündigungsdienst und Gemeindewechsel

Foto: Leone

Eine richtig gute Nachricht prägte die 5. Tagung der II. Synode des Evangelischen Dekanats Ingelheim-Oppenheim: Die Gesamtzahl der getauften Kinder bis zehn Jahren ist 2022 im Dekanat im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent gestiegen. Damit steht das Dekanat innerhalb der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau (EKHN) an fünfter Stelle. Diese frohe Botschaft überbrachte Mitte März den im Schwabsburger Gemeindehaus tagenden Synodalen kein Geringerer als Oberkirchenrat Jens Böhm, seines Zeichens Personaldezernent der EKHN.

Ein zentraler Bestandteil des Zukunftsprozesses „ekhn2030“

Aber nicht allein wegen dieser hoffnungsvollen Botschaft war Böhm als Referent zur Dekanatssynode eingeladen worden. Sein Thema war das neue Verkündigungsdienstgesetz der EKHN, das als zentraler Bestandteil des Zukunftsprozesses „ekhn2030“ innerhalb der Landeskirche gilt und im November 2023 von der EKHN-Landessynode beschlossen wurde. Dieses Gesetz sieht vor, dass ab 2025 die Pfarrpersonen, GemeindepädagogInnen und KirchenmusikerInnen sich nicht mehr nur um einzelne Gemeinden kümmern, sondern gemeinsam Verantwortung für die Nachbarschaftsräume tragen.

„So Kirche sein, dass wir auch zuversichtlich in dieser Kirche leben“

Oberkirchenrat Böhm fasste die Motivation zu diesem Gesetz mit folgenden Worten zusammen: „Hinter dem Verkündigungsdienstgesetz verbirgt sich eine ganz große Aufgabe: Kirche zu sein, aber mit weniger Personal, weniger Finanzen und weniger Mitgliedern. Aber so Kirche sein, dass wir nicht immer nur den Mangel feststellen, sondern auch freudig und zuversichtlich in dieser Kirche leben.“ Schließlich werden sich die Pfarrstellen im Dekanat bis 2030 von derzeit 29 Vollzeitstellen auf 22 reduzieren. Im Bereich der Gemeindepädagogik gewinnt das Dekanat noch eine halbe Stelle hinzu, im Bereich der Kirchenmusik bleiben alle Stellen so erhalten.

Dekanatsübergreifende Gemeindewechsel beschlossen

Mit großer Mehrheit stimmten die Synodalen dem Wechsel der Kirchengemeinden Nieder- und Ober-Saulheim sowie den Kirchengemeinden Partenheim und Vendersheim zum Evangelischen Dekanat Alzey-Wöllstein zu. Gleichzeitig werden ebenfalls zum 1. Januar 2025 – nachdem die Synode des Dekanats Alzey-Wöllstein am 24. März 2023 zugestimmt hat – die Kirchengemeinden St. Johann-Wolfsheim sowie Zotzenheim-Welgesheim ins Dekanat Ingelheim-Oppenheim wechseln. Damit werden die Grenzen der beiden Dekanate an die Landkreisgrenzen angepasst. Das erleichtert z. B. die Zusammenarbeit mit den Kommunen und bildet manchen Lebensbezug der Gemeindemitglieder besser ab.

Haushalt, Gebäudestrukturplan und Transformationsbudget

Weiterhin stand für die Synodalen ­– neben Informationen zum Gebäudestrukturplan und zum Transformationsbudget – die Verabschiedung des Dekanatshaushaltes 2023 auf der Tagesordnung. Ihm stimmten die Synodalen mit großer Mehrheit zu. Und nach der guten (Tauf-)Nachricht für das Jahr 2022 blickt Dekan Olliver Zobel auch auf das Jahr 2023 mit großem Optimismus, denn Ende Juni / Anfang Juli werden im Dekanat zahlreiche Tauffeste unter freiem Himmel stattfinden. „Mal schauen“, so blickt der Dekan optimistisch in die Zukunft, „welche Taufzahlen dann auf der nächsten Synodentagung verkündet werden können.“ Mehr Informationen zu den Tauffesten sind auf der Website des Dekanats unter ekhn.link/U6MkJ9 zu finden.

Hilke Wiegers
Dekanat Ingelheim-Oppenheim; Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

„Die Freude am Herrn ist Eure Stärke“

Neun Lektorinnen und Lektoren und eine Prädikantin ins Amt eingeführt

„Sie machen das Wort Gottes hörbar. Vergessen Sie dabei nie: Das Lächeln kommt vor dem Wort. Die Freude am Herrn ist Eure Stärke“, diese Worte gab die Pröpstin für Rheinhessen und das Nassauer Land, Pfarrerin Henriette Crüwell, am vergangenLektorenen Freitag den neun Lektorinnen und Lektoren und einer Prädikantin mit auf den Weg, die an diesem Abend in der evangelischen Kirche von Schwabsburg mit einem festlichen Gottesdienst in ihr Amt eingeführt wurden.

Foto: Hilke Wiegers

In dieser feierlichen Atmosphäre des Gottesdienstes, an dessen Liturgie auch die stellvertretende Dekanin des Dekanats Ingelheim-Oppenheim, Julia Freund, und Mitglieder des Dekanatssynodalvorstandes mitwirkten, war die Vorfreude der neun Lektorinnen und Lektoren wie auch der neuen Prädikantin deutlich zu spüren, auch eigenverantwortlich Gottesdienste zu halten. Schließlich erfordert die Ausbildung zu diesen Ehrenämtern viel Engagement. Sowohl die frischgebackenen Lektorinnen und Lektoren als auch die in ihr Amt eingeführte Prädikantin haben dazu eine von Pfarrerin Dagmar Diehl und Pfarrer Markus Weickardt entwickelte zweijährige Ausbildung durchlaufen, in der ihnen bei regelmäßig stattfindenden abendlichen Treffen, an Wochenenden und im Rahmen einer Präsenszeit in der Gemeinde Kenntnisse zum Kirchenjahr, Gottesdienstverlauf, Gesangbuch und Fähigkeiten, wie das Sprechen im Kirchenraum vermittelt werden.

Zu den Absolventen der LektorInnen-Ausbildung zählen Andreas Berndt (Harxheim), Dr. Karin Bitz (Nieder-Hilbersheim), Alexandra Dziuron (Wiesbaden), Stefanie Herbert (Wiesbaden), Georg Illing (Nieder-Olm), Irma Kreutzer (Nieder-Hilbersheim), Karin Mikkelsen (Oestrich-Winkel) und Kerstin von Rothkirch und Panthen (Hofheim) sowie Nicole Weisheit-Zenz (Mainz-Drais). Nicht alle werden Gottesdienste im Dekanat Ingelheim-Oppenheim halten, denn ihre Heimatgemeinden liegen außerhalb der Dekanatsgrenzen. Einige kamen von weit her, um sich von Pfarrerin Dagmar Diehl und Pfarrer Markus Weickardt zur Lektorin bzw. zum Lektor ausbilden zu lassen. Aber auch wenn das persönliche Engagement groß ist, viele der Lektorinnen und Lektoren, die im Kurs zu einer guten Gemeinschaft zusammengewachsen sind, wollen weiter machen und haben sich schon für die noch umfassendere Prädikanten-Ausbildung angemeldet. Renate Keller aus Oppenheim indes hat diese schon erfolgreich absolviert und wurde von ihrer Mentorin, der Niersteiner Pfarrerin Katrin Berck, am Ende des Gottesdienstes herzlich mit einer Umarmung und einem kleinen Tulpenstrauß beglückwünscht.

Hilke Wiegers
Dekanat Ingelheim-Oppenheim; Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Atemlose Momente und beeindruckende Begegnungen

Worte des Abschieds von Propst Dr. Klaus-Volker Schütz

Propst Dr. Klaus-Volker Schütz 2016 (Fotograf Thomas Neu)

Nach zweiundzwanzig Jahren als Propst für Rheinhessen und das Nassauer Land, verabschiede ich mich in diesen Tagen von vielen Menschen, Einrichtungen, Stiftungsräten, Dekanaten, Kirchengemeinden, Kolleginnen und Kollegen. Am 1. April des Jahres 2000 habe ich meinen Dienst begonnen, dreimal wurde ich von der Kirchensynode wiedergewählt.

Jahre, die von Umbrüchen geprägt waren

Hinter mir liegen Jahre, die von Umbrüchen geprägt waren. Grundordnungen der Landeskirche wurden revidiert, voran die Kirchen- und Lebensordnung, weil man sie als nicht mehr zeitgemäß empfand. Ein Highlight war für mich die Debatte der Kirchensynode um die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, wie sie 2013 an einem Samstag in Darmstadt zum Abschluss kam. Für mich war dieses jahrelange Ringen das Glanzstück einer synodal verfassten Kirche, die sich jenseits eines kirchenleitenden Lehramts um den rechten geistlichen Weg bemüht.

Mit Buß- und Bettagsgottesdiensten aktuelle Themen aufgegriffen

Wenn man die Aufgabe übernimmt, Propst für eine Region zu sein, lernt man immer wieder interessante Menschen kennen, mit denen man theologische, ethische und gesellschaftspolitische Themen diskutieren kann. So haben wir uns in Gottesdiensten zum Buß- und Bettag für das Bundesland Rheinland-Pfalz aktuellen Themen gewidmet: 2005 – Vom Sinn der Feiertage mit Kirchenpräsident Steinacker, 2007 – Sieg und Niederlage im Leben mit Jürgen Klopp, 2008 – Forever young – Leben und Arbeiten in einer alternden Gesellschaft mit Heiner Geißler, 2013 – Auf dem Weg zum Reformationsjubiläum mit Karl Kardinal Lehmann und Kirchenpräsident Volker Jung, 2015 – Martin Luther  und die Juden – die dunkle Seite der Reformation mit dem Mainzer Rabbiner Aharon Ran Vernikovsky.

Ein Highlight: Die Einweihung der neuen Synagoge in Mainz

Über die Jahre hat sich zur jüdischen Gemeinde in Mainz ein sehr guter Kontakt entwickelt. Regelmäßig habe ich zu Rosch ha-Schana, dem jüdischen Neujahrsfest, oder zu Pessach einen Gruß im Gemeindebrief geschrieben. Es war für mich ein besonderes Erlebnis, im November 2008 bei der Grundsteinlegung der neuen Synagoge dabei zu sein und noch mehr, die Einweihung 2010 mitzuerleben, zu der Stella Schindler-Siegreich, die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, neben dem Bundespräsidenten und dem Botschafter des Landes Israel Zeitzeugen und vor allem natürlich Gemeindeglieder eingeladen hatte.

Beeindruckend: die Persönlichkeit Karl Kardinal Lehmanns
Von Anfang meines Dienstes an hatte ich ein gutes Verhältnis zu Karl Kardinal Lehmann. Wir haben uns immer wieder einmal gesehen, Dinge besprochen und gemeinsam gestaltet im Zusammenhang der ökumenischen Aufgaben vor Ort, vor allem im Bereich der Hospizarbeit in Mainz. Kardinal Lehmann war für mich eine beeindruckende Persönlichkeit, tief verwurzelt in der abendländischen Theologie und ein menschenfreundlicher Gesprächspartner, der am anderen interessiert war und der sich immer um Augenhöhe bemühte. Es war für mich außerordentlich bewegend, als das Mainzer Domkapitel anrief, um zu fragen, ob ich nicht als Liturg das Requiem mitfeiern wolle, als der verstorbene Kardinal 2018 in der Augustinerkirche aufgebahrt war.

Miteinander die Luft der Theologie als Wissenschaft geatmet

In der Pfarrerfortbildung habe ich die Familienpastoralkollegs der EKHN neu entwickelt und regelmäßig Studienreisen für Kolleginnen und Kollegen angeboten, die uns bis nach Nord-Sulawesi/Indonesien („Evangelisch am anderen Ende der Welt“) und Indien geführt haben („Empowerment …! Einblick in Projekte der Entwicklungszusammenarbeit“). Mir lag viel daran, dass Pfarrerinnen und Pfarrer nicht in den Turbulenzen ihrer Alltagspraxis stecken bleiben und dass immer einmal wieder miteinander die Luft der Theologie als Wissenschaft geatmet werden kann. Zudem habe ich mich darum bemüht, geistliches Leben und spirituelle Praxis wiederzugewinnen. Schweigeexerzitien, Meditation, Psalmensingen und Kontemplation sind essentiell, weil sie uns darauf ausrichten, was uns Quelle und Mitte ist. Haupt- und Ehrenamtliche brauchen das. Unsere Kirche fordert viel von allen, die mittun.  Das Tempo, das wir vielerorts einschlagen, ist hoch. Die Kirche hat aber nicht nur anderen das Heil zu verkündigen, sondern muss auch selbst Lebensraum des Evangeliums sein, der froh- und freimachenden Botschaft im Sinn von Kontakt, Beziehung, Entlastung und innerer Entwicklung. 

Besondere, ja sogar atemlose Momente

So endet für mich ein großer Bogen in diesen Tagen, bei dem ich noch vieles nennen könnte, was besonders war – das Reformationsjubiläum 2017 zum Beispiel, der Rheinland-Pfalz-Tag in Alzey, oder der atemlose Moment, als im wiederentdeckten Dom St. Johannis zu Mainz der tausend Jahre alte Sarkophag des Erzbischofs Erkanbald geöffnet wurde und wir sagen konnten: Er ist es tatsächlich! Nun ist Mainz eine Stadt, die zwei Dome hat.

Pfarrerinnen und Pfarrer der nächsten Generation mit Stellen versorgt
Die Basis in allem war für mich aber immer die Arbeit mit den Kirchengemeinden vor Ort, mich um Bilanzierungen und Stellenbesetzungen zu kümmern, Dienste und Einrichtungen zu visitieren, und die Pfarrerinnen und Pfarrer der nächsten Generation mit Stellen zu versorgen.

Dank für Anregungen, Aufmunterung, Kritik und manches gute Wort
Am 16. September 2022 werde ich in der Katharinenkirche in Oppenheim in den Ruhestand verabschiedet und meine Nachfolgerin, Pfarrerin Henriette Crüwell, wird in ihr Amt eingeführt. Ich bin Gott dankbar für die Zeit, die ich hatte. Sie war befriedigend und herausfordernd für mich. Begegnungen und Aufgaben haben mein Leben bereichert, oft aber auch in einem hohen Tempo gehalten. Ich habe sehr viel Unterstützung erlebt, durch Haupt- und Ehrenamtliche, durch die Dekaninnen und Dekane der Region sowie durch die Vorsitzenden der Dekanatssynodalvorstände. Für intensive Gespräche habe ich zu danken, für Anregungen, Aufmunterung, Kritik und für so manches gute Wort.

Was immer wir auch tun ­­–­ in allem sollte Gott zur Ehre kommen

Weil alles nie abgeschlossen ist, ist von uns immer neuer Aufbruch verlangt. Für mich der Aufbruch in den Ruhestand, in dem ich einen neuen Rhythmus finden darf – für die Gemeinden und Dekanate im Propsteibereich in eine herausfordernde Zeit, in der viel Kooperation entwickelt werden muss. Was immer wir auch tun – in allem soll Gott zur Ehre kommen, damit wir neues Land gewinnen und es voran geht mit uns. „Wir haben hier keine bleibende Stadt, aber die zukünftige suchen wir“, sagt der Hebräerbrief. Alte Geschichten werden zu erzählen und neue zu schreiben sein. Glaube heißt, in dieser Sehnsucht zu bleiben und zu wissen: Gott geht mit.

Mit herzlichem Gruß

Ihr Klaus-Volker Schütz